MEIN PRAKTIKUM IM HOFFNUNGSHAUS.

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Hoffnungshäuser

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Yvonne Klink war drei Wochen lang Praktikantin in den Hoffnungshäusern am Standort Esslingen. Anfangs hatte sie nur eine vage Vorstellung davon, was ein Hoffnungshaus ist, heute bezeichnet sie das integrative Wohnen als „warme Umarmung“. Schnell war Yvonne mitten drin im interkulturellen Leben und organisierte sogar selber ein Event. In ihrem Praktikumsbericht schildert sie ihre Eindrücke.

Durch eine Empfehlung habe ich das erste Mal von den Hoffnungshäusern gehört. Bevor ich mir die Website angeschaut hatte, konnte ich mir nur schwer vorstellen, was die Hoffnungshäuser sind: Häuser voller Hoffnung? Häuser, die Hoffnung geben? Nachdem mir gesagt wurde, dass in den Hoffnungshäusern Geflüchtete leben, wuchs meine Vorstellung weiter: Arabische Familien ohne Hoffnung? Verschlossene Muslime, die sich zum Beten in der Moschee treffen?

„Ich war fast ein bisschen schockiert, dass das Hoffnungshaus wie ein normales Mehrfamilienhaus wirkt.”

Ich habe mich mit der Erwartung beworben, soziale Kompetenzen erlernen zu können und die internationale Gemeinschaft der Hoffnungshäuser kennenzulernen. Als ich ankam, habe ich gemerkt, dass es hier um mehr als nur Arbeit mit Geflüchteten geht. Die Hoffnungshäuser sind mehr als nur eine Unterkunft für Geflüchtete. Hoffnungshausleiter Joachim sagte mir: „Die Häuser haben abgerundete Ecken, als würden sie umarmt werden.“

DIE HOFFNUNGSHÄUSER SIND „EINE WARME UMARMUNG”

Das drückt ziemlich gut aus, was die Hoffnungshäuser sind, finde ich: eine warme Umarmung. Ganz egal, welcher Religion man angehört, welche Arbeit man praktiziert, welche Interessen man hat, wie alt man ist oder welche Nationalität man besitzt. Losgelöst von jeglichen Vorurteilen und Hintergründen dürfen hier Menschen zusammenkommen, Gemeinschaft genießen und Hoffnung erfahren. Nächstenliebe, Gastfreundschaft und Zuvorkommenheit werden hier großgeschrieben. Ich war fast ein wenig schockiert, dass das Hoffnungshaus wie ein normales Mehrfamilienhaus wirkte – mit dem Unterschied, dass man im Hoffnungshaus nach einer herzlichen Begrüßung direkt zum Essen bei den Nachbarn eingeladen wurde.

Ich habe vor allem in der ersten Woche viel Zeit mit den Bewohnern verbracht, und sie besser kennengelernt. Anfangs bestand ein Großteil meiner Aufgaben darin, Geflüchtete zu Veranstaltungen einzuladen und schnell habe ich gemerkt, dass einer Einladung eine Beziehung vorausgehen muss. Durch das Leben und Wohnen im Hoffnungshaus ab der zweiten Praktikumswoche konnte ich noch mehr Beziehung zu den Menschen aufbauen.

VERTRAUEN DURCH NÄHE

Man bekam durch das gemeinsame Wohnen das Leben der Nachbarn noch viel mehr mit. Kontakt aufzubauen war besonders mit den Kindern und Frauen sehr einfach für mich. Die Kinder lernte ich schnell kennen, indem ich mir ein wenig Zeit für sie nahm und mit ihnen spielte, so kam leicht Vertrauen auf. Die Frauen waren von Anfang an sehr offen mir gegenüber und haben mich in ihre Wohnungen eingeladen.

 

Von dem Balkon der Hoffnungshäuser hat meinen einen super Blick auf Esslingen

Überhaupt ergaben sich viele tolle Begegnungsmöglichkeiten durch das Wohnen mit den Geflüchteten. Wenn ich an ihrer Wohnung vorbeilief und sie mich zum Essen, Teetrinken oder Tischtennisspielen einluden, habe ich anfangs nie nein gesagt. Eine Herausforderung dabei war für mich sicherlich das „Nein“ sagen und auch zu wissen, wann es Zeit war zu gehen. Da Arbeit und Wohnen kaum trennbar waren, war es für mich eine Herausforderung auch mal eine Pause zu machen und nicht den ganzen Tag mit den Geflüchteten zu verbringen.

GEMEINSAME AKTIONEN STÄRKEN DEN ZUSAMMENHALT

Zu den guten Beziehungen mit den Bewohnern hat auch der Bewohnerabend* beigetragen. Am Ende des Abends konnte ich sagen, ich habe mich wie bei einem Nachbarschaftsgrillen oder wie beim Grillen mit Freunden gefühlt. Es war auch eine unglaublich schöne Erfahrung zu sehen, wie einfach man den Menschen helfen kann. Durch eine kleine Unterstützung bei Behörden- oder Amtsbriefen erfährt man große Dankbarkeit. Auch der Bedarf an Hilfe beim Lernen für die Deutschprüfungen ist groß und ich habe es sehr genossen meine Zeit dafür zu investieren.

Zusätzlich stärken das Helfen und das gemeinsame Lernen auch die Beziehung mit den Geflüchteten. Eine sehr positive Erfahrung habe ich gemacht, als ich meinen Haustürschlüssel zur Wohnung vergessen hatte. So saß ich also auf dem Balkon des Hauses und genoss die Abendsonne. Nach wenigen Minuten kamen die Nachbarskinder und haben mir ein Eis gebracht. Ich habe selten so zuvorkommende und freundliche Nachbarn erlebt.

Strahlende Blumen in der Sonne mit Blick auf das Hoffnungshaus in der Brühlstraße
Die Anwohner der Hoffnungshäuser bemühen sich um eine liebevolle Gestaltung ihrer Wohnanlage

BOWLING-­SPIELEN MIT GEFLÜCHTE-­TEN

Ein Highlight meiner Zeit war definitiv das Bowlingspielen mit den Geflüchteten, welches durch einen Gutschein möglich war. Der Bowlingabend war mein kleines Projekt. Es hat mich unglaublich gefreut zu sehen, wie viel Spaß die jungen Männer gemeinsam mit den Einheimischen haben konnten, ganz egal aus welcher Kultur sie kamen.

Insgesamt nehme ich ein sehr positives Bild mit – sowohl von der Betreuung in den Häusern als auch von dem Leben darin. Als Praktikantin habe ich mich in jedem Moment angenommen gefühlt. Die Gemeinschaft mit den Geflüchteten habe ich als sehr bereichernd empfunden. Zudem konnte ich viele spannende Geschichten erfahren und neue Kulturen kennenlernen. Zu sehen, wie gewillt die Geflüchteten sind, die deutsche Kultur kennenzulernen und anzunehmen, hat mich sehr beeindruckt.

*Bewohnerabend: Bei den Bewohnerabenden trifft sich die Bewohnerschaft des jeweiligen Hoffnungshauses, um gemeinsam zu Abend zu essen und Themen bezüglich der Hausgemeinschaft zu besprechen. Die Hoffnungshausleitung bereitet dazu meist einen gedanklichen Input oder die gemeinsame Abendgestaltung vor.

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